Die natürliche Geburt unseres zweiten Wunders im Geburtshaus

Geburt
Die Geburt unseres zweiten Wunders verlief ganz anders, als gedacht. Aber insgesamt war die Geburt eine gute Erfahrung. Foto von Becerra Govea

Meine zweite Schwangerschaft verlief ziemlich anders als meine erste Schwangerschaft – rein objektiv betrachtet hatte ich viel mehr „Wehwehchen“ (Grüße gehen raus an meine Hämorrhoiden, die Harnstauungsnieren und meine Inkontinenz!), und trotzdem ging es mir ganz subjektiv deutlich besser. Ich war bis zur Geburt ziemlich mobil und konnte selbst den viel zu frühen und überraschenden Tod meines Vaters verhältnismäßig gut verkraften. Dabei hat mir nicht zuletzt die Verhaltenstherapie geholfen, die ich schon vorher regelmäßig besucht hatte. 

Die Zeit vor der Geburt – ganz anders als gedacht

Als es dann aber auf das Ende meiner Schwangerschaft zuging und die Geburt kurz bevorstand, musste ich mir eingestehen, dass ich zum einen ziemlich schlecht vorbereitet war und zum anderen doch ziemlich große Ängste davor hatte, dass etwas schiefgeht. Meine schlechte Vorbereitung ist vor allem darauf zurückzuführen, dass ich statt sechs Wochen Mutterschutz vor der Geburt sechs Wochen Kinderbetreuung praktizierte – denn in der Kita meiner Tochter gingen erst das Pfeiffersche Drüsenfieber und dann Ringelröteln rum. Da ich wusste, dass ich gegen beides nicht immun bin, habe ich die Kleine also aus der Kita genommen und Zuhause betreut. Das war schön, weil wir nochmal richtig viel Mutter-Tochter-Zeit hatten, aber in Bezug auf meine Geburtsvorbereitung etwas suboptimal, weil ich genau einmal dazu gekommen bin, die Geburtshypnose zu üben. Und das ist schon eher wenig. 

Meine Ängste rührten wohl einerseits daher, dass während der Schwangerschaft durch den Tod meines Vaters und die teils schweren Erkrankungen zwei weiterer Angehöriger mein Grundvertrauen ziemlich erschüttert wurde. Andererseits hatte ich vor der Geburt meiner Tochter wirklich alles Negative konsequent vermieden und erst nach der Geburt gelesen. Nun war aber nach der Geburt auch vor der Geburt und damit hatte ich die Horror-Geburtsgeschichten immer im Hinterkopf. Nicht sonderlich förderlich. 

Geburt in der 42. Schwangerschaftswoche

Vielleicht haben meine Ängste den Beginn der Wehen ein bisschen blockiert, Fakt ist, dass ich am 15. Mai bereits in Schwangerschaftswoche 42 war (ET + 9) und um 9 Uhr einen Termin bei meiner Gyn hatte. Wie erhofft war mit meinem Sohn alles in Ordnung und wie erwartet wurde ich mit dem Einweisungsschein zur Einleitungsplanung nach Hause geschickt. Dazu gab es den Hinweis, dass ich mich besser schnell melden sollte, schließlich sei diese Woche ja noch Feiertag und der Termin müsse ja zum Dienstplan passen. Kann ich objektiv betrachtet verstehen, aber ganz ehrlich gesagt hat mich diese formale Terminierung des Geburtstages meines Sohnes ziemlich genervt. Ich wollte, dass er sich selbst auf den Weg macht und wir gemeinsam eine wunderschöne Geburt im Geburtshaus erleben können, wie schon bei meiner Tochter. 

Zweieinhalb Stunden später stand dann der Kontrolltermin bei meiner Hebamme an und sie fackelte nicht lange: Wir leiten jetzt ein, kündigte sie an. Sie legte mich im Geburtsraum ans CTG und führte zunächst eine Eipollösung durch. Dabei wird die Fruchtblase vorsichtig mit den Fingern vom Muttermund gelöst. Das war zugegebenerweise etwas unangenehm, aber ich war bereit das hinzunehmen, wenn ich dafür bald meinen Sohn in den Armen halten würde. Um 13 Uhr nahm ich außerdem einen Rhizinuscoktail zu mir. Der besteht aus Kuhmilch, Eisenkraut und Rhizinusöl und sorgt für ordentlich Furore im Darm. Durch die Bewegungen des Darms, so die Idee, sollen Wehen ausgelöst werden. 

Einleitung mit Eipollösung und Rhizinuscocktail

Den Nachmittag verbrachte ich viel auf der Toilette und wenn ich gerade nicht mit dem Rhizinuscocktail kämpfe, dann sahen mein Mann und ich uns Serien an, wir entdeckten u.a. Tommi Schmitt für uns. Ich hatte den ganzen Nachmittag über unregelmäßige, aber starke Wehen – mehr passierte aber nicht und gegen Abend waren sie quasi weg. Wir gingen also eine Runde spazieren, entschieden aber, die Nacht im Geburtshaus zu verbringen, denn mein Muttermund war schon 5cm geöffnet. 

Um 1:19 Uhr wachte ich auf, weil ich ein Ziehen im Unterleib spürte. Ein paar Minuten später kam dann das nächste Ziehen – Ob es jetzt wohl losgeht, so richtig? 

Yes, die Geburt geht los

Ich war ziemlich aufgeregt und beschloss, meine Wehen zu tracken. Dazu lief die Geburtshypnose von „Die friedliche Geburt“, aber so richtig in den Flow kam ich nicht. Ich war trotzdem noch ziemlich präsent im Hier und Jetzt, ganz anders, als bei meiner ersten Geburt, die ein bisschen an mir vorbeirauschte. Bis 3:10 Uhr kamen die Wehen relativ regelmäßig im 7-Minuten-Rhythmus, weshalb ich beschloss, meine Hebamme anzurufen. Leider ging sie nicht ans Telefon. Ich wartete noch eine Stunde ab, trackte weiter. Die Wehen waren ziemlich stark, aber hatten nach wie vor den großen Abstand von sieben Minuten. Ich beschloss, meine Hebamme erneut anzurufen, weil ich gerne in die Wanne wollte. Auch diesmal ging sie nicht ran, also rief ich die zweite Hebamme an, die sofort ranging und um 4:10 Uhr bei mir war. Wir schrieben kurz CTG und ließen die Wanne ein. Von 4:45 Uhr bis 5:45 Uhr veratmete ich meine Wehen in der Wanne – in den Wehenpausen kontrollierte mein Mann die Wassertemperatur und versorgte mich mit Snacks und Wasser. Danach kontrollierte meine Hebamme den Muttermund – er war bei 6cm. Toll, dachte ich, ein Zentimeter mehr trotz solcher Schmerzen. Wie soll das nur werden? 

Während der Presswehen auf positive Gedanken konzentrieren

Etwas demotiviert probierten wir aus, ob ein Buscopan-Zäpfchen mir wohl helfen würde. Dafür wurde ich seitlich gelegt, das Zäpfchen eingeführt (das macht Spaß mit Hämorrhoiden!) und das Bein hoch gelagert. So veratmete ich meine Wehen bis 7 Uhr. Die Kontrolle durch meine Hebamme ergab, dass der Muttermund jetzt bei 8cm war. Fast am Ziel! Das hellte meine Stimmung ziemlich auf, auch wenn ich der festen Überzeug war, dass ich es mit den drei Stunden Schlaf, die ich in dieser Nacht hatte, niemals durchhalten würde. 7:20 Uhr hatte ich dann meinen Blasensprung. Inzwischen war auch die zweite Hebamme dazugekommen. Sie ertasteten, dass der Kleine mit seinem Köpfchen nicht richtig im Geburtskanal lag, weshalb ich nach jeder Wehe die Position wechseln sollte, damit er sich richtig eindrehen kann. To be honest: Das war wirklich nicht angenehm. Meine Hebamme motivierte mich daher, zu lächeln und meinem Sohn nette Sachen zu sagen. Ich sagte ihm also in jeder Wehe, wie sehr ich ihn liebe und dass ich mich so freue, ihn kennenzulernen – das half tatsächlich!

Das große Finale: Unser Sohn ist da!

Ab und an verspürte ich schon den Drang mitzupressen, obwohl der MuMu noch nicht vollständig geöffnet war. Um 8:13 Uhr war er dann endlich vollständig und um 8:30 Uhr wurde unser Sohn geboren. Weil seine Nabelschnur um seinen Hals gewickelt war, musste ich noch einmal die Position wechseln und mich drehen. Mit der nächsten Wehe kam er dann im Ganzen raus und wurde mir auf die Brust gelegt. Mein Mann und ich sahen uns an und weinten vor Freude. Er sah so perfekt und fertig aus, ich war völlig überwältigt davon, ihn zu sehen. Wie auch jetzt gerade, wo er mit seinen sechs Tagen auf meinem Bauch liegt und nach einer Still-Session eingeschlafen ist.

Ich habe die Presswehen diesmal viel intensiver und deutlicher erlebt als bei meiner ersten Geburt, dafür aber auch mehr Schmerzen gespürt. Bei meiner Tochter ist die ganze Erinnerung wie geblurrt, auch an die ersten Momente mit ihr kann ich mich nicht so intensiv erinnern, wie diesmal bei meinem Sohn. Beide Varianten haben definitiv etwas für sich. Beim ersten Mal habe ich dieses „Ich liebe dich über alles“-Gefühl erwartet, aber es war einfach nicht da. Diesmal habe ich gar nicht damit gerechnet und es so sehr gefühlt. Dieses überwältigende Gefühl von „du gehörst zu mir. Punkt“. 

Du gehörst zu uns, kleines Wunder

Kurze Zeit später wurde die Plazenta geboren. Alles vollständig, super! Aber ich habe verhältnismäßig viel Blut verloren, weshalb ich an einen Oxytocintropf gehängt wurde und zusätzlich erst Flüssigkeit und dann Elektrolyte bekam. Insgesamt war mein Kreislauf aber nach dieser Geburt deutlich stabiler als bei der ersten, weshalb wir schon am Abend nach Hause durften. 

Insgesamt würde ich meine Geburtserfahrung wieder als positiv beschreiben, auch wenn sie ganz anders war, als ich es mir vorher ausgemalt habe. Während den Wehen habe ich zu meinem Mann gesagt, dass er mich bitte hieran erinnern soll, wenn ich auf die Idee komme, ein drittes Kind zu wollen – jetzt, sechs Tage nach der Geburt, würde ich sagen: Ausgeschlossen ist es noch nicht. 

Hast du schon den Geburtsbericht zu meiner ersten Geburt gelesen? Falls nicht, kannst du das hier nachholen.


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