Ethische Pornos: Das Portal PORN BETTER schafft mehr Sichtbarkeit für faire Alternativen

Ethische Pornos zeichnen sich oft durch kreativere Handlungen aus. Foto: Pexels.

Ethische Pornos, das klingt erst einmal groß, gemeint sind aber Sex-Filme, die unter guten Bedingungen produziert wurden. Solche Filme machen den Zuschauenden transparent, dass das, was sie sehen, im gegenseitigen Einvernehmen produziert worden ist. Leider sind ethische Pornos im Moment noch eine echte Nische. Das Portal PORN BETTER aus Leipzig möchte das ändern und bietet auf seiner Plattform Pornoseiten eine Bühne, die feministische, diverse und ethische Pornos produzieren. Warum das wichtig ist und wie die Branche auf diesen Vorstoß reagiert, das hat uns Luna Heine verraten, die die Seite gemeinsam mit ihren Mitstreiterinnen Esti und Evi betreibt.

Ethische Pornos: Faire Arbeitsbedingungen am Set gefordert

EKOLOGISKA MAG: Nachhaltig und fair produzieren – das wird in immer mehr Bereichen wichtig. Ihr habt euch vorgenommen, Sichtbarkeit für nachhaltige Alternativen an einer Stelle zu schaffen, über die in diesem Zusammenhang bisher wenig gesprochen wird: Nämlich Pornos. Was bedeutet eine faire und nachhaltige Produktion denn in diesem Bereich? 

LUNA HEINE: Faire Pornoproduktion heißt für uns vor allem: Gute Arbeitsbedingungen für die Darstellenden. Aber auch Transparenz gegenüber Konsumierenden. Gerade letzteres wünschen sich Menschen, die ihren Pornokonsum bewusst gestalten wollen, häufig – mehr Gewissheit, dass das, was sie sehen, konsensuell entstanden ist und Wissen, wer die Filme produziert. Der Pornobranche werden oft mangelnde Transparenz und missbräuchliche oder ausbeuterische Strukturen nachgesagt.

Stereotype Narrative durchbrechen

Wir bei PORN BETTER stellen Pornoseiten und -studios vor, die ein Augenmerk darauf legen, faire Arbeitsbedingungen in der Produktion zu schaffen, diese nach außen zu kommunizieren und häufig auch über Safer Sex, Konsens und ähnliche Themen aufzuklären. Pornos haben keinen Bildungsauftrag, sie können auch einfach Spaß machen. Aber das Thema Porno wird in der sexuellen Bildung oft vernachlässigt, obwohl es zugleich so medial präsent ist. Der Diskurs um Pornos und ihre vermeintlichen Risiken wird oft von konservativen, sexarbeitsfeindlichen oder fundamental religiösen Stimmen dominiert. Deshalb finde ich es sehr begrüßenswert, wenn Akteur:innen der Pornoindustrie Verantwortung übernehmen und Aufklärungsarbeit leisten, stereotype Pornonarrative in ihren Filmen durchbrechen und Raum für Diversität und Experimentelles schaffen.

Bei PORN BETTER werden ethische Pornos rezensiert.

Mir wurde bewusst, dass es eigentlich eine sehr lebendige queere, indie und feministische Pornoszene gibt. Die geht nur neben dem Überangebot der Mainstream-Seiten ziemlich unter.

Luna heine, gründerin POrn better

EKOLOGISKA MAG: Wie seid ihr dazu gekommen, euch mit diesem Thema auseinanderzusetzen?

HEINE: Unser erster Blick auf das Thema faire Pornos war aus der Konsumentinnenperspektive. Wir, das sind Esti, Evi und ich (Luna). Wir sind alle schon lange befreundet und haben einen Freund*innenkreis, in dem wir uns auch viel mit Feminismus, Sexualität und Genderrollen auseinandersetzen. Esti und ich haben einen kulturwissenschaftlichen Background. Esti ist Texterin, ich bin in der Filmbranche unterwegs. Wir haben also beide einen analytischen Blick auf Text- und Bildmedien und deren gesellschaftliche Bedeutung. Von Pornos, wie sie auf gängigen Tube-Seiten präsentiert werden, haben wir uns nicht abgeholt gefühlt. Ich hatte mich schon länger mit feministischen Pornos beschäftigt, aber 2020 begann ich, mehr zu recherchieren, und mir wurde bewusst, dass es eigentlich eine sehr lebendige queere, indie und feministische Pornoszene gibt. Die geht nur neben dem Überangebot der Mainstream-Seiten ziemlich unter. Wir haben dann beschlossen, die Indie-Pornoseiten und -Studios, die wir fanden, auf einer Plattform zu sammeln und vorzustellen, um sie für User:innen leichter auffindbar zu machen. Dabei hilft uns Evi, die ein Händchen für Webdesign hat und die Websitepflege übernimmt.

Luna Heine ist Co-Gründerin von PORN BETTER. Foto: Presse Kit PORN BETTER

„Die Porno-Branche steht unter Druck“

EKOLOGISKA MAG: Wie sieht das Porno-Business denn heute überhaupt typischerweise aus? Eigentlich, so zumindest der Eindruck in einer Zeit, in der viele Darsteller:innen über Seiten wie Onlyfans selbstbestimmt viel Geld verdienen können, scheint sich doch vieles verbessert zu haben, oder?

HEINE: Die Pornobranche steht heutzutage unter starkem Druck. Das Business ist sehr dynamisch und seine Realitäten ändern sich schnell. Dadurch, dass OnlyFans und andere Fanseiten so populär geworden sind, gehen mehr Menschen den Schritt in diese Art von Online-Sexarbeit oder probieren sich zeitweise darin aus. Der Erfolg der Fansites führt zu mehr Unabhängigkeit von Pornostudios und somit mehr Autonomie für Performer:innen. Durch die Angebotsschwemme wird es aber für die meisten Darsteller:innen fast unmöglich, ihren Lebensunterhalt nur mit z. B. OnlyFans zu bestreiten. Ein solides Einkommen als Darsteller:in zu haben, erfordert heutzutage sehr harte Arbeit und eine solide Business-Strategie. Das ist vielen Konsument:innen nicht bewusst. Studioinhaber:innen wie auch Performer:innen sind zudem mit Diskriminierung z. B. auf Social Media, Google, beim Banking und durch andere Regularien einerseits konfrontiert. Andererseits lässt sich Content sehr schwer monetarisieren, wenn man gegen eine Schwemme kostenloser Seiten antreten muss, die häufig auch gestohlenen Content verbreiten. Von dem Geld, das mit solchen Seiten gemacht wird, profitieren dann eher die Falschen.

EKOLOGISKA MAG: Inwiefern unterscheidet sich ein nachhaltiger und fairer Porno beim Schauen von einem “konventionellen”? 

HEINE: Das lässt sich so nicht sagen. Ein fair produzierter Porno kann durchaus ganz konventionell aussehen. Im Übrigen können ja auch konventionelle Pornos fair im Sinne guter Arbeitsbedingungen und angemessener Bezahlung produziert worden sein. Bei Pornos mit feministischem oder ethischem Anspruch wird man aber sicher häufiger ungewöhnliche und kreative Handlungen entdecken, Rollenverteilungen, die nicht den Genderklischees entsprechen, Körper jenseits der Schönheitsnorm, mehr Queerness, mehr explizit ausgesprochenen Konsens oder die Verwendung von Barrieremitteln (Kondomen etc.) zu sehen bekommen. 

Außergewöhnliche Rollenverteilungen, kreative Handlungen bei ethischen Pornos

EKOLOGISKA MAG: Mal ganz blöd gefragt: Sind sowas wie Fessel- und Unterwerfungsspiele dann überhaupt noch erlaubt, abzubilden? 

HEINE: Absolut! Es geht bei fairem Porno ja nicht darum, bestimmte Spielarten der Sexualität auszuschließen. Wie auch beim Sex im realen Leben gilt, dass erlaubt ist, was im Rahmen des Konsensuellen und Legalen zwischen erwachsenen Menschen passiert. Porno greift häufig sexuelle Fantasien auf und fasst sie in Bilder. BDSM-Fantasien gehören zu den populärsten überhaupt. Und gerade die kinky Szene hat ja viel Pionierarbeit dabei geleistet, Konsens und Konzepte zum risikobewussten Umgang mit sexuellen Machtgefällen in den Vordergrund zu stellen. Die Bildungsarbeit besteht meines Erachtens darin, Pornokonsument:innen zu vermitteln: Das, was Ihr da seht, ist Fiktion. Es findet in einem klar gesteckten Konsens-Rahmen statt. Ich denke, da ist einerseits mehr Medienkompetenz bei Konsumierenden nötig. Andererseits kann es nicht schaden, wenn auch Pornoseiten deutlicher machen, dass das Gezeigte konsensuell entstanden ist, z. B. indem Konsensgespräche Teil des Films werden oder durch Bonusmaterial wie Performer-Interviews, Behind-The-Scenes-Clips und so weiter.

Ethische Pornos: Mehr Sichtbarkeit notwendig

EKOLOGISKA MAG: Was ist eure Mission mit PORN BETTER? Was wollt ihr erreichen? 

HEINE: Wir wollen auf die Vielfalt des Mediums Porno hinweisen, einen schambefreiten Umgang mit dem Thema befördern und Branchenakteur:innen sichtbarer machen, die sich mit hohen ethischen Standards für eine diversere Darstellung von Sexualität(en) im Porno stark machen und fair mit ihren Darstellenden umgehen.

Anfeindungen von rechts wegen Engagement für ethische Pornos

EKOLOGISKA MAG: Wie kommt euer Engagement in der Branche an? 

HEINE: In der queerfeministischen Pornoszene sind wir auf viel Zuspruch und Support gestoßen. Performer:innen finden es gut, dass wir sie gezielt ansprechen und nach ihren Erfahrungen mit den Studios fragen. Ihr Feedback fließt auch in unsere Porno-Rezensionen ein. Wie schon gesagt, die Branche steht häufig unter Beschuss und Porno wird pauschal verurteilt oder skandalisiert. Angebote, die mehr Medienkompetenz und ein differenzierteres Bild vermitteln, sind deshalb sehr wichtig. Die Solidarität innerhalb der Szene stärkt uns besonders angesichts der Anfeindungen und Vorstöße gegen unser Projekt von rechtsaußen, mit denen wir 2023 konfrontiert waren, den Rücken.


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